Der Anonymisierungsdienst Tor galt bisher als sicher. Nach mehreren Festnahmen in einem Strafverfahren wegen Drogenhandel rätselt der Betreiber über die eigene Sicherheit.
Einer der beliebtesten Anonymisierungsdienste im Internet ist Tor („The Onion Router“). Dieser leitet den eigenen Internetverkehr verschlüsselt über drei Tor-Server weiter. Jeder Server kennt dabei nur seinen direkten Vorgänger und Nachfolger. Wird bei diesem Vorgehen versucht, den Urheber der Anfrage ausfindig zu machen, erhält man lediglich die IP-Adresse des letzten Tor-Servers. Theoretisch könnte, beispielsweise von Ermittlungsbehörden, nun der Weg von Server zu Server zurückverfolgt werden. Meist stehen die drei Server aber in drei verschiedenen Staaten und erschweren so die Ermittlungen. Zusätzlich speichern vertrauenswürdige Tor-Server keine Daten. Sobald ein Server in der Kette aber völlig anonym arbeitet, bricht die Rückverfolgung ab. So zumindest in der Theorie.
Vor einigen Tagen erklärten die Ermittlungsbehörden jedoch, es sei ein großer Schlag im Bereich des Verkaufs von Betäubungsmitteln (BtM) über das Internet gelungen. Unter der Beteiligung auch deutscher Ermittler seien die sogenannte Silk Road 2.0 geschlossen und deren Betreiber weltweit festgenommen worden. Dabei handelte es sich um eine Untergrundwebseite, die vor allem als Plattform für den Kauf und Verkauf von Drogen und Waffen galt. Das Besondere: Die Webseite war nur über das Tor-Netzwerk aufrufbar.
Nun rätseln die Tor-Betreiber, wie die Ermittler überhaupt die Urheber der Webseite ermitteln konnten. Bekannt war bisher lediglich die Gefahr, dass ein übernommener Tor-Server Schadsoftware an den Endnutzer verteilen kann. Aufgrund der Kette von drei Servern sollte dies aber nicht die Anonymisierung aufheben.
Möglicherweise, so die Betreiber des Tor-Netzwerks, nutzten die Ermittlungsbehörden eine bisher noch unentdeckte Schwachstelle in der Tor-Software aus. Mehrere Serverbetreiber vermeldeten in den Tagen vor dem Ermittlungserfolg ungewöhnliche Aktivitäten auf ihren Servern. Genauso gut könnte es aber auch sein, dass die Betreiber von Silk Road 2.0 bei der Absicherung der Webseite lediglich einen Fehler gemacht haben. Die Ermittlungsbehörden schweigen bisher darüber, wie sie den Betreibern auf die Schliche gekommen sind.
Schlaflose Nächte für tausende von Käufern?
Die Festnahme der angeblich Verantwortlichen der sog. „Silk Road 2.0“ führt möglicherweise zu schlaflosen Nächten tausender Nutzer der zum Teil illegalen Angebote der Seite. Erfahrungsgemäß führt eine Festnahme im Bereich des Drogenhandels dazu, dass Verkäufer neben ihren Bezugsquellen auch die Käufer der Betäubungsmittel, Drogen oder in diesem Fall möglicherweise auch Waffen nennen. Geschieht dies auch hier kann es weltweit zur Einleitung tausender Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durch Bestellung (im Internet) und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz über diese Webseite kommen.
Gute Verteidigungschancen bei frühzeitiger Einschaltung eines Strafverteidigers
Wie gut die Verteidigungschancen im Einzelfall sein werden, lässt sich naturgemäß erst nach Einsicht in die Ermittlungsakten sagen. Sind lediglich Adressdaten gespeichert, so wäre damit noch nicht automatisch der Nachweis erbracht, dass der Empfänger der Betäubungsmittel diese auch bestellt hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere Person im Empfängerhaushalt leben.
Gerade wenn in einer Vorladung, in einem Anhörungsbogen oder sogar schon in einer Anklageschrift der Vorwurf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bzw. Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz lautet, sollten sich die Beschuldigten auf ihr Schweigerecht berufen und frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht mit der Akteneinsicht und anschließenden Strafverteidigung beauftragen.