StGb Kommentar

Gericht verbietet Teile von Böhmermanns Gedicht

Das Landgericht Hamburg untersagt Böhmermann die Verbreitung großer Teile seines Gedichts über Erdogan.

Das Gedicht von Böhmermann bezüglich des türkischen Präsidenten Erdogan hat neben einem Strafverfahren auch zu einem Zivilverfahren gegen den Satiriker geführt. Der türkische Präsident beantragte nämlich zusätzlich über seinen Anwalt das weitere Verbreiten des Gedichtes durch Böhmermann zu untersagen.

Das Landgericht Hamburg hat nun eine einstweilige Verfügung getroffen und Böhmermann untersagt große Teile seines Gedichtes weiter zu verbreiten. Vor allem die rassistisch einzuordnenden Vorurteile und die religiösen Verunglimpfung störten das Gericht. Aber auch die sexuell motivierten Passagen hat das Gericht nicht mehr als von der Kunstfreiheit als abgedeckt angesehen.

In der Begründung der einstweiligen Verfügung hat das Gericht sich bereits mit einer Abwägung der Rechtsgüter beschäftigt. Auf der einen Seite steht die Kunstfreiheit von Böhmermann. Auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Erdogan. Während das Gericht vor allem in den sexualisierten Passagen die Grenzen der Satire überschritten sah, erlaubten sie dagegen die allgemeine harsche Kritik an Erdogan. Vor allem die Sätze „Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan der Präsident“ und „Er ist der Mann, der Mädchen schlägt und dabei Gummimasken trägt“ hielt das Gericht für noch zulässige Kritik im Rahmen einer Satire. Vor allem als Staatspräsident und aufgrund des öffentlichen Wirkens in jüngster Zeit muss Erdogan sich laut dem LG Hamburg solche Kritik gefallen lassen. Dabei hat das Gericht auch die Einbettung des Gedichts im Gesamtkontext der Sendung berücksichtigt.

Im Falle eines Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung droht Bußgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft. Gegen die Entscheidung kann noch Widerspruch eingelegt werden.

Obwohl das Gericht bereits im einstweiligen Verfahren eine vorläufige Abwägung der Rechtsgüter vorgenommen hat, bleibt es spannend, ob es auch im Hauptverfahren so entscheiden wird. Bis dahin können aber noch viele Monate ins Land gehen.

Für das Strafverfahren gegen Böhmermann hat das Urteil keine bindende Wirkung. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Strafgerichte sind frei in ihrer Einschätzung, ob sich das Gedicht noch im geschützten Rahmen der Kunstfreiheit bewegt oder nicht. Dies liegt unter anderem auch daran, dass die Rechtsfolgen im Strafrecht und Zivilrecht unterschiedlich sind.

Trotzdem wird die Einschätzung der Spezialkammer aus Hamburg nicht völlig ohne Einfluss auf das weitere Strafverfahren bleiben. Ein Strafgericht wird sich nämlich mit den Argumenten der Richter der Pressekammer auseinandersetzen müssen. Dabei ist es nicht fernliegend, dass sich die Staatsanwaltschaft und Strafrichter auf die Expertise der Zivilgerichte berufen wird. Am Ende müssen die Strafgerichte jedoch eine eigene Entscheidung treffen, ob es sich beim Gedicht insgesamt oder zum Teil um eine strafbare Beleidigung handelt.

Insgesamt bleibt es daher spannend im Fall Böhmermann und der Frage, wo die Grenze zwischen strafbarer Beleidigung und zulässiger Satire verläuft. Da die Pressekammer des Landgerichts Hamburg ebenso wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg für eine eher extensive Zensur bekannt ist, ist anzunehmen, dass Böhmermann alle Instanzen beschreiten wird, um möglicherweise doch noch eine für ihn positivere Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu erstreiten.