Durchsuchung 102StPO

Legale Nacktaufnahmen von Kindern können Hausdurchsuchung rechtfertigen

Eine Wohnungsdurchsuchung benötigt lediglich einen Anfangsverdacht. Dieser wird in der Praxis schnell von den Gerichten angenommen.

Die Wohnung dient als Rückzugsort des Einzelnen und unterliegt daher dem besonderen Schutz der Verfassung. Eine Hausdurchsuchung bzw. Wohnungsdurchsuchung greift massiv in die Privatsphäre eines Menschen ein und ist daher an besonders strengen Voraussetzungen gebunden. Neben der Anordnung durch einen Richter ist vor allem ein Anfangsverdacht bezüglich einer Straftat notwendig. Das Bundesverfassungsgericht lehnte nun jedoch eine Verfassungsbeschwerde ab und bestätigt erneut, wie gering in der Praxis diese Anforderungen an einen Anfangsverdacht tatsächlich sind.

Der Beschwerdeführer soll im Jahr 2007 Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen erworben haben. Dabei soll es sich um sogenannte“ Posing-Bilder“ gehandelt haben. Diese waren bis zur Gesetzesreform im Jahr 2008 jedoch strafrechtlich nicht relevant. Weitere Vorwürfe bezüglich des Erwerbs von möglicherweise kinderpornografischen Bildern waren dagegen bereits verjährt.
Trotzdem wurde eine Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten im Jahr 2013 vom Amtsgericht angeordnet. Zwar sei der Erwerb im Jahr 2007 bereits verjährt, der mögliche fortdauernde Besitz könnte jedoch strafrechtlich noch verfolgt werden, erklärte das Amtsgericht. Zusätzlich argumentierte das Amtsgericht damit, dass die „kriminalistische Erfahrung“ zeige, wie sich bei mutmaßlich Pädophilen meist noch Material aus anderen Quellen finden lasse. Dabei übernahm das Gericht teilweise wortwörtlich die Argumentation der Staatsanwaltschaft.

Das Bundesverfassungsgericht hält diese Anhaltspunkte für ausreichend, um einen Anfangsverdacht für weitere Straftaten zu bejahen. Durch die Bestellungen des Materials liege ein sexuelles Interesse an Kindern durch den Beschwerdeführer nahe. Auch die früheren Verfahren wegen sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern, die jedoch mit einer Geldauflage eingestellt wurden, lassen dies vermuten.
Abschließend sieht das Gericht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass pädophilen Personen ein Hang zum Sammeln und Aufbewahren unterstellt wird. Ebenfalls durfte das Amtsgericht davon ausgehen, dass die Möglichkeit besteht, weitere kinderpornografische Schriften könnten bezogen worden sein.

Insgesamt soll die Annahme des Anfangsverdachts des Besitzes von kinderpornografischen Schriften den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten verletzten. Auch die wörtliche Übernahme der Begründung der Staatsanwaltschaft durch das Gericht hält das Bundesverfassungsgericht solange für unbedenklich, wie keine Anhaltspunkte dafür existieren, dass keine eigenständige richterliche Prüfung stattgefunden hat.
Damit hatte die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers keinen Erfolg. Erneut zeigt sich, wie schnell doch ein Anfangsverdacht von den Gerichten bejaht wird. Auch bei einer Hausdurchsuchung sollte von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht werden und schnellstmöglich ein spezialisierter Rechtsanwalt kontaktiert werden.

BVerfG, Beschluss vom 1. August 2014, Az.: 2 BvR 200/14